*Ein Vortrag von Seiner Finsternis höchstpersönlich*
Meine Damen, Herren und insbesondere jene unter Ihnen, die dachten, Zeit ließe sich mit Kalendern zähmen –ich präsentiere Ihnen heute das wohl am meisten missverstandene Element höllischer Physik: die Zeit.
1. Der Irrtum der linearen Strafe
Menschen denken in Tagen, in Wochen, in Wahlperioden.
Sie glauben, Buße sei wie eine Haftstrafe: „Einmal abgesessen, dann vorbei.
Ha! Welch herrliche Ignoranz.
In der Hölle ist Zeit kein Maßstab. Sie ist eine Qualitätsfunktion.
„Ich habe doch nur zwei Jahre gelogen.“
– Sybille K., Konzernsprecherin, jetzt in Zyklus 407 der Wiederholungsspirale
2. Die gestreckte Gegenwart
Ein psychophysikalischer Zustand, in dem die Empfindung eines Moments bis zur strukturellen Erschöpfung des Bewusstseins gedehnt wird.
Formel: τₛ = (Eₘ · R_f) / Θᵥ
τₛ = subjektive Zeitdauer
Eₘ = emotionale Magnitude der Selbsterkenntnis
R_f = Frequenz der Reuewellen
Θᵥ = thermische Varianz der Umgebung
3. Experiment 22/Ω – Zeitdehnung bei moralischem Selbstbetrug
Versuchsaufbau mit 200 religiös-fundamentalistischen Verwaltungsbeamten.
Ergebnis: subjektive Zeitwahrnehmung dehnte sich auf 142 Jahre pro realem Höllenzyklus aus.
„Ich dachte, ich hätte es gut gemeint.“
– anonymer Teilnehmer,
Kategorie: strukturell irreversibel
4.Diagrammbeschreibung: Zeitempfindung pro S
„Die Verdammung als Energieprozess – Von der Initialsünde zur thermischen Signatur“
Schuldart – Logarithmische Zeitdehnung entlang folgender Schuldkategorien:
– Spontanverbrechen: 1,2×
– Systematische Ausgrenzung: 4,8×
– Moralische Umdeutung: 9,3×
– Religiöse Heilsgewalt: 12,5×
– Legislative Heuchelei: 15,8×
– Ideologische Projektion: ∞ (fixierte Endlosschleife)

5. Stimmen aus der ewigen Gegenwart
„Ich dachte, ich hätte längst alles bereut – aber dann kam noch ein Aspekt.“
– Thomas A., Theologe
„Ich habe nicht mehr gewusst, ob ich schon bereut hatte oder das nur glaubte.“
– Zoltán R., Parlamentsredner
„Jede Minute fühlte sich an wie eine Pressekonferenz mit mir selbst.“
– Claudia F., Menschenrechtsbeauftragte
6. Fußnote aus der Bibliothek des 8. Kreises
„Die Hölle misst nicht in Tagen. Sie misst in Entfaltung. Wo nichts mehr zu entfalten ist, beginnt die Dehnung.“
– Codex Damnationis, Bd. 921, Eintrag „Chronodynamik“, Übersetzung aus der Sprache der Asche7.
7. Fazit
Zeit ist in der Hölle keine Linie, sondern ein Netz.
Sie wird nicht verbraucht – sie wird gestreckt, verdichtet, zerschnitten, erneut gesponnen.
Die Strafe liegt nicht in ihrer Dauer, sondern in ihrer Form.
Und jede Schuld hat ihre eigene Geometrie.