Ohrläppchen – das stille Genie der Gesichtsrandzonen


Oh du zarte Ausbuchtung sinnlicher Nutzlosigkeit,
du Hängematte des Piercings,
du weichster Teil am menschlichen Rand –
Ohrläppchen, du bist das Sahnehäubchen der Evolution.
Niemand weiß genau, warum du da bist –
aber alle fassen dich an.

Du hängst da, still und genügsam,
als wolltest du sagen:
„Ich hab keinen Job,
aber ich trag’s mit Würde.“

Weder hörst du noch riechst du,
du schmeckst nicht, du siehst nicht –
und doch bist du mittendrin,
wenn romantische Finger auf Wanderschaft gehen
und plötzlich denken:
„Ja… hier bleib ich.“

Du bist das Lieblingsziel flirtender Hände,
das geheime Streichelkissen für Nervöse,
und der erste Teil des Körpers,
den Babies völlig grundlos zerquetschen dürfen.

Man hat dich durchbohrt,
besetzt, behängt, gedehnt, vergoldet,
man hat dir Glöckchen, Totenköpfe,
und Swarovski-Tränen angehängt –
doch du?
Du schweigst.
Du erträgst.
Du baumelst einfach weiter.

Wenn du ein Mensch wärst,
wärst du der stille Typ im Büro,
der nichts sagt,
aber seit 10 Jahren weiß,
dass der Chef seine Frau betrügt.

Ohrläppchen – du bist nicht nur ein Lappen.
Du bist ein Statement.
Ein Zen-Meister in Hautform.
Ein Monument des „Ich mach nix, aber ich bin da.“

Bleib weich.
Bleib sinnlos.
Denn in einer Welt voller Lautstärke
bist du das leiseste Ja zum Unfug des Körpers.